„Die Gewitter können laut Wetterbericht auch schon heute, am frühen Nachmittag, kommen… „
„Na toll! „, denke ich mir. Wenn es etwas gibt, dass mir beim Bergwandern gehörig die Entspannung verderben kann, dann sind das Gewitter. Um das zu schaffen, müssen sie noch nicht einmal pausenlos Blitze vom Himmel schleudern. Ihre Ankündigung reicht mir schon völlig, um andauernd einen besorgten Blick in Richtung Himmel zu werfen.
Immer diese Gewitter…
Sind das jetzt bloß Regenwolken, oder schon spannungsgeladene Cumulonimben? Muss ich „nur“ mit Wärmegewittern am Nachmittag rechnen, oder entlädt sich vielleicht sogar ein Frontgewitter am Vormittag? Lieber schnell über den Gipfel, den Kamm, die Scharte oder doch besser den weiten Umweg wählen? Vielleicht auch direkt einen ganzen Pausentag auf der Hütte einlegen? Und hinüber ist die Entspannung des Tages.
Auch wenn ich auf dem Weg vom Karl-Ludwig-Haus zur Schneealpe weiß, dass die angekündigten Gewitter ihre Energie aus dem schwül-heißen Wetter der letzten Tage ziehen und daher meist erst ab dem Nachmittag eintreten: Wohl ist mir selbst bei dem frühen Tourenstart nicht. Zu unberechenbar sind sie. Und wer einmal inmitten eines Gewittersturms in den Bergen war, teilt sicher meine Meinung, dass ich lieber eine 5-stündige Matheklausuer schreiben würde, als das noch einmal zu erleben. Besonders das Erlebnis in den Brenta Dolomiten beim SportScheck Testival schiebt sich mir sofort wieder ins Bewusstsein.
Aber zurück zu der Alpenüberquerung:
Alpenüberquerung Etappe 7 – 13
Als wir nach dem hervorragenden Bio-Frühstück aus der schweren Türe des Karl-Ludwig-Hauses ins Freie treten, scheint uns noch die wärmende Sonne entgegen. Der Aufstieg zur 2008 Meter hohen Heukuppe zwingt mich aber zur absoluten Konzentration. Da ich mich eine viertel Stunde zuvor am üppigen Frühstück maßlos überfressen habe, verwende ich alle meine Energie darauf die Köstlichkeiten im Magen zu behalten. Mit vollem Bauch konnte ich noch nie gut bergauf wandern.
30 Minuten später genieße ich jedoch schon die Aussicht auf die morgendliche Bergwelt. Leichter Nebel hängt noch vereinzelt zwischen den Bergketten. Eine Wetterverschlechterung scheint undenkbar. Aber selbst hier auf 2000 Metern ist es schon unangenehm schwül… Wir steigen einige Meter bergab und befinden uns bald am Einstieg zum versicherten Gamssteig. Für 1,5 Stunden fordert er meine volle Aufmerksamkeit.
Und obwohl er abwechslungsreich und spaßig ist, stelle ich fest: Solche Kletterpartien brauche ich auf dieser Wanderung nicht unbedingt. Denn auf dem Weg nach Nizza möchte ich mehr Wandern und weniger Klettern. Neue Einsichten bekommen und Gedanken zu Ende denken, kann ich sehr schlecht auf einem versicherten Steig, der all meine Aufmerksamkeit verlangt.
Das Ende des Hochs
Im Tal angekommen richtige ich erstmals den Blick wieder gen Himmel. Vorher war ich viel mehr mit den richtigen Tritten und Griffen beschäftigt, als mich um das Wettergeschehen direkt über mir zu kümmern. Nun sehe ich sich verdichtende Wolkentürme in angedeuter Ambossform. Für Freunde schönen Wetters eher eine Hiobsbotschaft. Der sehr steile Anstieg auf die Schneealpe wird daher etwas beschleunigt. Vor allem, da es gerade 12:30 Uhr ist und wir noch etwa 2-3 Stunden Wanderung vor uns haben.
Wir hätten uns aber kein besseres Timing aussuchen können. 5 Minuten nachdem wir unsere Rucksäcke in der gemütlichen Gaststube des Schneealpenhauses abgestellt haben, prasseln schon die ersten Tropfen auf das Metalldach und ein lautes Donnern ist zu vernehmen. Das erste Gewitter dieser Reise ist aber so schnell verzogen, wie es gekommen ist. Nach köstlichen Käsespätzlen genieße ich die tolle Aussicht zurück zur Heukuppe und beobachte einen Kunstflieger über unsere Köpfe brausen.
Wenn Du mehr Informationen zum Verhalten bei Gewittern in den Bergen suchst, dann schau Dir doch diesem Artikel einmal genauer an.
Da der nächste Tag durchgängig schlechtes Wetter vorsieht, entscheiden wir uns für den direkten Abstieg nach Neuberg. Die 7-stündige Rundtour überlassen wir den beiden anderen Gästen der Hütte, die dafür schon um 5 Uhr morgens aufgebrochen sind. Somit sind wir schon gegen 11 Uhr in unserer Unterkunft in dem kleinen Dorf und genießen eine für Weitwanderer besondere Annehmlichkeit: Eine Waschmaschine! Wie ein kleines Kind freue ich mich über das begehrlich gewordene Luxusgut. Eine warme Dusche später, ist mein Glück an diesem Tag perfekt!
Auf zur Hohen Veitsch
Am nächsten Morgen liegt eine dicke Nebelschicht über Neuberg an der Mürz. Erneut herrschen schwül-warme Bedingungen. Nach dem Frühstück stelle ich zu allem Überfluss erschrocken fest, daß mein Blog wegen eines fehlerhaften Plugins nicht mehr zu erreichen ist. Mangels stabiler Internetverbindung, bleibt mir aber nichts anderes übrig, als die Lösung des Problems auf unbestimmte Zeit in die Zukunft zu verlegen. Etwas verstimmt breche ich somit den Aufstieg der heutigen Etappe an.
Die ersten der 1450 Höhenmeter steigen wir durch einen feuchten Wald über teils sehr steile Forststraßen zum Veitschbachtörl auf. Das Farbenspektrum beschränkt sich durch die Nebelschwaden heute auf Weiß, Grün und Braun. Klitschnass geschwitzt kommen wir auf der Grundbauernhütte an und packen erst einmal die Jause aus. Ein Geistesblitz und einige Tipser auf der virtuellen Tastatur meines Smartphone lösen das technische Problem auf dem Blog und verbessern schlagartig meine Laune. Trotzdem dämlich, sich über eine solche Lappalie zu ärgern, während man sich auf einer so einmaligen Tour befindet, denke ich mir im Stillen…
Wohl wissend, dass wir die nächsten Stunden auf einem exponierten Kamm zum Graf-Meran-Haus aufsteigen werden, jagt mir das plötzliche Donnergrollen einen Schreck durch die Glieder. 30 donnerfreie Minuten später, entscheiden wir uns dennoch zur Fortsetzung unserer Etappe. Nur um kurze Zeit später erneut dunkle Wolken heranrollen zu sehen.
Zu meinem Missfallen steigt der Weg immer weiter empor. Meine Schritte beschleunigen sich und ich hinterfrage dauernd, ob die Entscheidung weiter zugehen die Richtige war. Da sich das Gewitter jedoch deutlich im Rahmen hält, halte ich dennoch daran fest. Eine Stunde vor unserem heutigen Tageszeit setzt jedoch kräftiger Wind, Regen und Hagel ein.
Für schlechtes Wetter:
Mein Blick ist nun nur noch nach unten gerichtet und darauf bedacht sicher in der Pfadspur zu bleiben. In den Gore Tex Schuhen haben sich kleine Seen gebildet, die bei jedem Schritt ein saugendes und platschendes Geräusch verursachen. So viel zur Sinnhaftigkeit der wasserdichten Membran denke ich mir… Ich versuche meine Gedanken trotzdem auf positive Dingen zu richten und nicht zu viel über die Folgen mich treffender 100.000 Volt nachzudenken.
Eine gefühlte Ewigkeit später taucht das Graf-Meran-Haus aus dem Nebel vor uns auf. Selten habe ich mich über eine Hütte so sehr gefreut. Wir betreten den Vorraum und schälen uns im kalten Trockenraum aus den vollgesaugten Regenjacken und Hosen. Die Seen in den Schuhen werden vor dem Aufhängen vorsorglich noch draußen ausgeschüttet. “Ob die jemals wieder trocken werden?”, frage ich mich.
Vom Regen in die Stube
Ernüchtert, geschlaucht und frierend treten wir in die Gaststube. Was uns dort erwartet, lässt alle Strapazen jedoch urplötzlich vergessen machen. Der bollernde Ofen erzeugt eine himmlische Wärme und empfängt uns mit offenen Armen. Neben der Wirtin sitzen dort zwei weitere durchnässte Wanderer, die neben ihrem Bier das prasselnde Feuer ebenfalls in vollen Zügen genießen. Was dann folgt, ist bis dahin einer der schönsten Nachmittage und Abende der gesamten Tour. Bei kühlem Weißbier, heißem Tee und loderndem Feuer wird sich stundenlang unterhalten und über die jeweilige Bergtouren ausgetauscht.
Wer hätte gedacht, dass dieser Tag noch eine solche Wendung nehmen würde. Aber genau diese Situationen machen den Reiz einer solchen Weitwanderung überhaupt erst aus. Auch wenn es währenddessen wenig schön war: Ohne Gewitter, Wind und Hagel hätten wir diese warme Stube wohl kaum so zu schätzen gewusst. Ohne Schatten kein Licht. Oder so Ähnlich… An diesem Nachmittag merke ich zudem, dass besonders die Menschen die man trifft, einen Großteil der Freude ausmachen. Dieser Kontakt zu anderen Wanderern hatte mir auf den ersten Etappen etwas gefehlt. Da merkt man, dass Ende Mai noch nicht viele unserer Sorte unterwegs sind.
Der folgende Tag ist vom langen, unspektakulären aber entspannten Ab- und Wiederaufstieg zur Voistaler Hütte gekennzeichnet. Nach dem kurzen Gastspiel auf der hohen Veitsch, ruft nun das Hochschwab Gebirge. An diesem Nachmittag sind wir glücklicherweise schon vor dem Regen und Gewitter auf der Hütte und können beides komfortabel überdacht beobachten.
Aufstieg ins Hochschwab Gebirge
Um erneut den Vorteil der frühen Stunde auszunutzen, brechen wir am 12.ten Wandertag schon gegen 6:30 Uhr zum auf 2150 Metern gelegenen Schiestlhaus auf. Über zahlreiche Altschneefeldern und Felsstufen geht es über den Graf-Meran-Steig empor. Die aufgezogenen Regenwolken verziehen sich glücklicherweise genauso schnell wie sie gekommen sind. 600 Höhenmeter später genießen wir in der leeren Hütte einen heißen Kaffee. Der Bedienstete der Schutzhütte scheint selbst gerade erst aufgewacht zu sein und sich von einer feucht fröhlichen Nacht auszukurieren.
Des Wetters wegen entscheiden wir uns gegen die Gipfelbesteigung des Hochschwab und passieren beim langen Abstieg zur Sonnschienhütte noch die Fleischer-Biwak-Schachtel. Auf den sulzigen Altschneefeldern gleiten wir wenig grazil dem Sackwiesensee und der Sonnschienalm entgegen.
Die gleichnamige Hütte macht ihrem Namen alle Ehre und beschert uns neben einem kühlen Blonden noch bestes Wetter zur Nachmittags Jause. Wie die beiden vorherigen Hütten bezieht auch diese ihre Wasserversorgung durch den Regen. Auf den Luxus einer Dusche müssen wir uns nun also noch einen weiteren Tag verzichten. Da es aber Allen so geht, stechen wir geruchstechnisch nicht negativ hervor.
Unser nächstes Tageszeit heißt am folgenden Tag Eisenerz. Geplant ist dort einen ersten Pausentag einzulegen. Nach 13 Wandertagen durchaus legitim wie ich finde. Das dann aus dem einen Tage Ruhe mehr werden musste, verdanke ich einer besonders negativen Eigenschaft… Nämlich während dem Wandern weniger auf den Weg und mehr in die Landschaft zu blicken. Denn 5 Kilometer vor dem erzabbauenden Alpendorf durchzieht meinen rechten Knöchel plötzlich ein stehender Schmerz….
Soweit für den zweiten Teil des Wander Berichtes unserer Alpenüberquerung von Wien bis nach Nizza. In den nächsten Wochen kommen dann die anschließenden Teile. Momentan befinden wir uns auf der Frauenalpe oberhalb von Murau und machen nach 21 Wandertagen erneut einen Pausentag!
Möchtest Du mehr über unsere Wanderung erfahren, dann schau doch einfach auf Facebook oder Instagram vorbei. Dort versuche ich alle 1-2 Tage ein paar Bilder und kurze Updates zu der Tour hochzuladen. Sofern das Internet natürlich mitspielt.
Zu den anderen Artikeln dieser Alpenüberquerung:
- Etappen 1 – 6: Der Start in Wien
- Etappen 7 – 13: Erste Gewitter
- Die Sache mit dem Knöchel…
- Etappen 14 – 24: Der Salzsteigweg – Eine Hassliebe
- Etappen 25 – 32: Der Südalpenweg
- Etappen 33 – 41: Von Sexten nach Bozen – Die Dolomiten-Durchquerung
- Etappen 42 – 58: Vom Vinschgau bis ins Piemont
- Etappen 59 – 72: GTA – Von Forno bis Talosio
- Etappen 73 – 78: Rocciamelone – Der höchste Punkt der Reise
- Etappen 79 – 94: Die Ankunft in Nizza
- Alle Informationen zu der Alpenüberquerung zu Fuß
Willkommen in der Steiermark.
Ich bin schon neugierig, ob sich unsere Wege irgendwo kreuzen.
Schönes Wanderwetter und gute Besserung deinem Knöchel
Lg Volker
Danke dir Volker!
Wo bist du denn gerade? Ja da bin ich auch mal gespannt! Wünsche dir auch weiterhin eine gute Tour!
LG Alex
Ich habe am Wochenende eine Übungstour für meine heurige Sommerwanderung gemacht, die du am Blog nachlesen kannst. Dabei ging es in erster Linie zu schauen, ob ich es mit dem Gesamtgewicht von 13kg inklusive 2l Trinken mit meinem Fuß schaffe, der noch vor einem Monat sehr beleidigt war.
Die Tour war ein Erfolg und ich freue mich am 15. Juli im Zillertal bei meiner Tour Pfitscher Joch – Lago Magiore einzusteigen.
Hast du irgendwo eine Route veröffentlicht, damit ich weiß, wie dein Weg sein wird?
lg Volker
Hi Volker,
Cool, dass die Test Tour so gut geklappt hat!
Ja, hab ich. Da musst du mal unter der Kategorie “Tourenberichte > Wien Nizza” nachschauen. Die Route müsste m Artikel “Alpenüberquerung zu Fuß…” zu finden sein.
Viele Grüße vom Südalpenweg,
Alex
P. S. Dein Dosenkocher ist ein Hit. Bei mir passt das auch gut mit den 40ml Spiritus pro Mahlzeit. Ich habe jetzt einen Titantopf und eine Tasse, so kann ich auch gleich noch zusätzlich einen Tee machen, wenn mir danach ist. Mein erstes Gericht auf der längeren Tour war eine Suppe mit selbstgefundenen Pilzen und Couscous. Danke für deine Tipps.
Hey Alex!
Dein Bericht hat mich sofort zu einem Tagtraum eingeladen, Gänsehaut inklusive. Ja die Menschen, die man unterwegs trifft und das offene Herz, das man sich erwandert hat, das ist schon eine perfekte Mischung für eine schöne Zeit am Kamin.
Grüßl
Uli
Hey Uli,
Danke für deinen schönen Kommentar :)
LG Alex