Keyword: Alpenüberquerung zu Fuß
Alpendurchquerung: In 3.5 Monaten von Wien bis nach Nizza
Mittlerweile liegt unsere Alpendurchquerung von Wien nach Nizza nicht mehr vor, sondern leider schon hinter uns. Am 24.05.2017 sind wir in Wien losgelaufen und 107 Tage später, am 08.09.2017 in Nizza und am Mittelmeer angekommen. Es war ein einmaliges Abenteuer, welches immer noch im positivsten Sinne verdaut werden muss. Das Schreiben hilft mir ungemein mit den unzähligen Eindrücken und Impressionen umzugehen. Daher habe ich diesen Artikel und die Bilder auf den neusten Stand gebracht.
Vor einiger Zeit habe ich Dir das erste Mal von unserer kommenden 4-monatigen Alpendurchquerung von Wien nach Nizza berichtet. Nun möchte ich Dir in diesem Artikel einen etwas ausführlicheren Ausblick auf unser großes Abenteuer geben. Denn diese Fernwanderung unterscheidet sich deutlich von unserer Alpenüberquerung über den Traumpfad München Venedig 2014. Diesmal haben wir unsere Route selbst geplant und folgten keinem vollständig zusammenhängenden Weitwanderweg über Europas höchstes Gebirge. Das stellt natürlich ganz andere Anforderungen an die gesamte Planung und Vorbereitung der Tour.
Falls Du den ersten Artikel zu unserer Alpendurchquerung noch nicht gelesen haben solltest, gebe ich Dir hier noch einmal die wichtigsten Daten dieser Unternehmung im Überblick. Wir sind:
- am 24. Mai 2017 in Wien gestartet und haben
- circa 1.900 km in….
- …3,5 Monaten zurück gelegt.
- ~ 85% auf Hütten und 15% im Zelt übernachtet
- sind am 08.09.2017 in Nizza ankommen und
- so leicht und minimalistisch wie möglich unterwegs gewesen
Konzept und Idee unserer Alpendurchquerung
Bei dieser Tour sollten nicht die höchsten Gipfel erklommen oder in kürzester Zeit das Mittelmeer erwandert werden. Sondern an erster Stelle soll die Freude an den Bergen, dem Wandern, der Langsamkeit und dem Minimalismus genossen und erlebt werden.
1.800 km, 107 Tage, 4 Beine und 2 Rucksäcke!
Ungefähr 4 Monate jeden Tag in den Alpen und im Gebirge unterwegs zu sein, war für mich wie ein lang gehegter Kindheitstraum. Auf dem Traumpfad München Venedig konnte ich diesen Traum schon einmal für 5 Wochen wahr werden lassen. Erneut aufzubrechen und einen vollständigen Sommer lang durch die Alpen zu wandern, ist einfach nur unbeschreiblich schön!
Der Weg von der bayrischen Landeshauptstadt bis zur Lagune am italienischen Mittelmeer war und ist jedoch schon recht bekannt. Er führt durch einige der besterschlossensten Regionen in den Alpen. Als wir damals am Klettersteig zur Piscardú Hütte im Tagestouristen Stau steckten, wünschte ich mir oft mehr Einsamkeit.
Daher wollten wir dieses Mal auch Alpenregionen durchwandern, die weniger im Fokus des Tourismus stehen. Dazu gehört eigentlich der gesamte südwestliche Alpenbogen. Ein Start Mitte Mai führt ebenfalls dazu, dass man die ersten Wochen fast alleine auf den österreichischen Wanderwegen unterwegs ist.
Lesetipp: Den Hauptartikel zum Thema Alpenüberquerung zu Fuß findest Du in dem in dieser Box verlinkten Beitrag. Dort stelle ich Dir 10 Routen über die Alpen vor und gebe außerdem viele Tipps, wie Du deine Tour optimal planst. Viel Spaß beim Lesen!
Die Route von Wien nach Nizza
Anmerkung: Genaueres zur aktuellen Route findest Du in meinem Artikel zur Planung dieser Fernwanderung!
Aber wo genau geht es denn nun jetzt lang, wirst Du dich wahrscheinlich fragen! Also: Logischerweise sind wir in Wien gestartet! Von dort aus folgten wir die ersten Tage dem Nordalpenweg durch den Wienerwald in Richtung des Schneebergs, hinein ins Hochschwabmassiv und bis ins Gesäuse.
Dort stießen wir auf den Salzsteigweg, welchem wir bis nach Villach treu blieben. An der Grenze zu Slowenien bogen wir nach Westen ab und folgten dem Südalpenweg und Karnischen Höhenweg solange, bis Gewitter uns zum Abstieg ins Lesachtal zwangen. Von Sillian eroberten wir die Dolomiten und überquerten diese bis nach Bozen.
Nach den Dolomiten erwarteten uns das Vinschgau und die Ortler Gruppe, die Livigno Alpen und die Bernina Gruppe. Vorbei am Comersee und dem Lago Maggiore ging es hinein ins Piemont auf die Grande Traversata delle Alpi. Dort erreichten wir dann die mächtigen Walliser Alpen, in denen auch die höchsten Alpenhütten zu finden sind!
Auf der Grande Traversata delle Alpi Richtung Mittelmeer
Der Grande Traversata delle Alpi (kurz: GTA) folgten wir bis ins Mairatal. Sie führte uns nach den Walliser Alpen durch das Aostatal, die Cottischen Alpen bis zu den Seealpen, wo wir die Grenze nach Frankreich überschritten. Besonders die Alpenregionen, durch welche die GTA führt, sind touristisch deutlich weniger erschlossen bzw. frequentiert, als die Nord- und Ostalpen.
So weit die Route in Wort und Schrift. So sieht das ganze dann als Linie auf einer Karte aus:
Wir haben uns die Route schon vorab überlegt, aber nichts war in Stein gemeißelt. Der Winter war glücklicherweise recht schneearm und so mussten wir wegen Schnee und Eis nicht auf niedriger gelegene Wege ausweichen.
Dazu zwangen uns eher die ziemlich heftigen Gewitter am Anfang des Sommers. Besonders durch diese Erfahrungen, ist eine gesunde Portion Flexibilität und Umplanungsbereitschaft in den Alpen mehr als angemessen …
Als wir am 08.09.2017 in Nizza am Mittelmeer eintrafen, standen insgesamt 107 Tage für die gesamte Ost-West-Durchquerung der Alpen auf der Uhr. Reine Gehtage war es aber nur 95. Somit haben wir während den 3,5 Monaten 12 Pausentage eingelegt.
Lesetipp: Wenn Du den GPS-Track zu der Alpendurchquerung suchst, findest Du bei Outdooractive die passenden Informationen. Dort habe ich die von uns gewanderte Strecke eingepflegt.
Anmerkung: Die Routenführung ist nur der von uns beschrittene Weg und stellt keine(!) Empfehlung dar!
Die Unterkünfte unserer Alpendurchquerung
Geplant war es, einen Großteil dieser Alpenüberquerung auf Berghütten, Posti Tappa, etc. und den restlichen Teil der Nächte im Tarp Zelt zu übernachten. Das hat sich im Endeffekt auch so bestätigt. Die örtlichen Bedingungen wie dem Wetter, Naturschutzgebieten, Geographie, Etappenlänge und natürlich unserer Stimmung haben dieses Verhältnis ebenfalls mitbestimmt.
Die Hüttenatmosphäre (und die ein oder andere Dusche dort!) ist für mich einfach etwas ganz fantastisches, was ich in den Alpen nicht missen möchte. Besonders am Anfang der Wandersaison, als viele der Berghütten nur wenige Wanderer beherbergen und der Ansturm des Hochsommer noch in weiter Ferne liegt. Wir haben in vielen großräumigen Lagern oft ganz alleine übernachtet. Und das, obwohl die Wanderwege komplett schnee- und eisfrei waren und das Wetter nicht schöner hätte sein können.
Verpflegung auf der Alpendurchquerung
Neben der urigen Atmosphäre und der gelegentlich Dusche, brauchten wir die Hütten noch aus einem anderen Grund: Verpflegung. Denn wir kamen gerade anfangs nur relativ selten durch Städte und Dörfer. Die Lust Proviant für 7 Tage mitzuschleppen tendierte eher gegen Null. Und mal ehrlich: Eine warme, dampfende Kaspressknödelsuppe wird man sich nicht selber im ultraleichten Titan Topf zubereiten!
Da wir aber mindestens jede Woche einmal durch ein Dorf oder einer Stadt gekommen sind, haben wir dennoch die Möglichkeit etwas Proviant für unserer Nächte im Zelt einzukaufen genutzt. Hallo Corni,Couscous, Pasta aus der Tüte und Schokolade!
Unsere Ausrüstung auf dem Weg nach Nizza
Über dieses Thema habe ich zwei ausführliche Artikel geschrieben. Denn dazu habe ich mir in den letzten Monaten vor der Abreise einfach so viel Gedanken gemacht, dass diese einen eigenständigen Beitrag verdient haben. Soviel sei an dieser Stelle jedoch gesagt:
Ich persönlich habe ein Basisgewicht (ohne Verbrauchsgüter wie Wasser, Proviant und Brennstoff) von unter 5 kg angepeilt. Diesmal jedoch inklusive iPad (430g) und Tastatur (~180g), um für Euch während der 4 Monate Berichte und Artikel über diese Alpendurchquerung schreiben zu können! Die Ausrüstung die ich auf dieser Fernwanderung dabei hatte, findest Du in meinem Artikel zur Ultraleicht Packliste.
Besonders für diese Tour war es mir wichtig, so wenig wie möglich Gewicht auf meinen Schultern zu tragen. Denn jedes Gramm möchte die ungefähr 120.000 Höhenmeter während der 4 Monate die Berge hoch- und auch wieder hinunter getragen werden… Es lohnt sich also die Ausrüstung auf die Goldwaage zu legen.
Bei all der ganzen Planerei und den Rucksack-Diäten sollte man eines jedoch nie außer Acht lassen:
Einfach mal Pause machen!
Weiterführende Infos
Seid 1952 gibt es einige Bergwanderer, die sich einer Überschreitung des kompletten Alpenbogens verschrieben haben. Ich würde jetzt ein paar davon hier auflisten, aber bei Vergissmi.net findest Du eine solche Liste schon. Und das in hervorragender Ausführlichkeit. Also spare ich mit die Extra-Arbeit und verweise auf diesen Artikel.
Lesetipp: Interessiert wie es nach der Wanderung weiter ging? In diesem Artikel erfährst Du, wohin es uns nach der Alpendurchquerung hin verschlagen hat.