Ich kann nicht mehr genau sagen, ob es noch Regen oder schon Schnee ist. Kalt genug für Schnee ist es bestimmt. Null Grad mindestens. Die Sicht lässt einiges zu wünschen übrig. Mehr als 20 Meter sind vom Weg nicht mehr zu erkennen, der Nebel ist einfach zu dicht.
Und je weiter wir aufsteigen, desto stärker wird der Wind, welcher uns horizontal den Schneeregen ins Gesicht bläst. Es ist schwierig das Gleichgewicht auf den rutschigen Steinen zu halten. Immer wieder muss ich mich mit den klitschnassen Handschuhen an den Felsen festhalten um nicht wegzurutschen.
Aber weit kann es ja nicht mehr sein bis wir den höchsten Punkt dieser Etappe – das Naviser Jöchl – erreicht haben. In steilen Spitzkehren zieht sich der Weg nach oben. Nach jeder Kurve denke ich “gleich haben wir es endlich geschafft!”, aber der Aufstieg will einfach nicht enden. Claudia geht vor mir und ruft plötzlich, dass sie das Gipfelkreuz sehen kann. Endlich die Motivationsspritze die ich so dringend gebraucht habe! 2 Minuten später kommt die Ernüchterung – Nicht der Gipfel, sondern lediglich ein kleiner Schrein mit einem hölzernen, vermoosten Kruzifix. Fluchend geht es weiter.
Der Schweiß rinnt mir die Stirn herunter, das Atmen fällt langsam schwerer und die Schritte werden kleiner. Auf 2.600 m merkt man die dünne Luft so allmählich. Von den traumhaften Aussichten und der grandiosen Landschaft die der Wanderführer auf dieser Etappe versprochen hatte, waren wir sehr weit entfernt. Es wechseln sich lediglich zwei Gedanken im Kopf gegenseitig ab – “Bloß nicht ausrutschen” und “es gibt die nächsten 4 Stunden keine Möglichkeit sich irgendwo unterzustellen, eine Pause zu machen und dem Regen und eisigen Wind zu entkommen”.
In solchen Momenten stellt man sich die Frage: Warum mache ich das Ganze hier überhaut? Warum habe ich mich auf diese Fernwanderung eingelassen und wandere 550km über die Alpen auf dem Traumpfad München Venedig?
Zur Information:
Im Sommer 2014 haben meine Freundin und ich uns auf den langen Weg von München nach Venedig gemacht und auf dem Traumpfad dabei über 550 km zurückgelegt. Die Fernwanderung hat uns in 34 Tagen von den bayrischen Voralpen, durch das Karwendel, die Dolomiten und viele andere Alpenregionen bis ans Mittelmeer nach Venedig geführt.
In solchen Momenten finden sich auf diese Fragen keine Antworten, die man nach einer guten Mütze Schlaf immer noch so geben würde. Das einzige, was sich in diesem Momenten bei mir bewährt hat ist: Einfach weitergehen und den Kopf so gut es geht abschalten.
So sehr man diese Momente verflucht und sich einfach ein warmes Bett wünscht, so wichtig finde ich sie trotzdem für das gesamte Abenteuer einer Wanderung. Wenn Du anschließend trocken und aufgewärmt in der Hütte sitzt, sieht die Welt wieder ganz anders aus und man ist stolz auf die vollbrachte Leistung. Denn selbst mit dem Wissen meiner kleinen Wetterkunde, hätte wir diesen regnerischen Tag nicht vermeiden können.
Meine Frage an dich: Wie gehst Du mit miesem Wetter und schlechter Laune beim Wandern um? Was war deine besch****te Wanderung?
Schreib es einfach in die Kommentare.
Hatten wir 2 und 3 Tage später ab der Friesenbergscharte bis zum Pfitscher Joch. Augen zu und durch hilft auf den Bouldern auch nicht wirklich…
Ausgerutscht bin ich dann auch noch, und der Bach den man früh überqueren sollte wegen Schneeschmelze… viel Glück bei strömendem Regen.
Aber was sind ein paar Tropfen Wasser, wenn später das Verwöhnprogram auf der Hütte wartet. Einfach eine Frage der Perspektive. It’s all about the journey!
Hallo Markus,
danke Dir für das Teilen deiner Erfahrung! bei der Friesenbergscharte hatten wir zum Glück kurzzeitig kein Regen, obwohl es angekündigt war. Solange man sich nicht verletzt, ist alles ja auch halb so wild. Wasser trocknet auch wieder :) Der Gedanke an den warmen Apfelstrudel auf der Hütte kann einen sogar beflügeln!
LG Alex
Eine sehr gute Frage. Wobei schlechtes Wetter natürlich nicht gleich schlechtes Wetter ist. Nieselregen oder gar null Sicht wegen Nebel ist zwar unschön, aber erzeugt hin und wieder auch eine mystische Stimmung, die auch was hat – sofern der Weg recht einfach ist. Aber wenn es so richtig dicke kommt und die Tour noch entsprechend schwer ist, dann: Augen zu und durch! Hilft ja nix. In so einem Fall fällt mir das Abschalten übrigens nicht so schwer, da ich mich viel zu sehr konzentrieren muss. Falls der Frust raus muss, dann ist lautes Fluchen übrigens erlaubt ;). Meistens ist bei so einem Wetter eh fast Keiner unterwegs. Das Beste: Das Abendessen auf der warmen Hütte und der wohltuende Schnaps schmecken nach so einem Tag fast noch ein bissl besser ;)
LG Steffi
Hi Steffi,
danke Dir für deine ausführliche Ergänzung :) Stimmt, mystische Nebelstimmung hat auf jeden Fall auch seinen Reiz. Solange man noch die ein oder andere Wegmarkierung erkennen kann.
Ich finde auch das Konzentration eine gute Ablenkung ist. Das Adrenalin bringt auch nochmal zusätzliche Körperwärme. Genauso wie der Schnaps auf der Hütte :)
Liebe Grüße,
Alex
Ich liebe schlechtes Wetter auf Touren. Für mich macht es den Reiz an einer Tour aus mich gegen das Unwetter zu behaupten. Allerdings muss man tatsächlich immer im Auge behalten, ab wann es wirklich gefährlich wird. Meist wird einem erst im Nachhinein klar, wie leichtsinnig man doch war…
Hi Dennis,
ein richtiges Unwetter hat auf jeden Fall auch seinen Charme, aber eine riskante Bergtour würde ich dann wohl eher nicht mehr gehen. Bietet jedoch die beste Möglichkeit den Wetterschutz der Regenbekleidung zu testen! Als schlimm finde ich eher diesen permanenten mittelstarken Regen, der stundenlang auf einen niederprasselt.
Viele Grüße,
Alex
Hallo Alex,
nichts ist für mich schlimmer als von einem Regenschauer überrascht zu werden. Die Laune verschlechtert sich bei mir schlagartig. Da ich meist alleine wandere hilft mir immer gute Musik um meine Laune wieder zu verbessern.
Gruß Thomas
Hi Thomas,
danke für deinen Beitrag. Wenn ich in meinem “Wander-Flow” bin, dann bringt mich eigentlich auch ein Regenschauer nicht aus der Fassung. Wenn es aber 8 Stunden lang durchregnet, bin ich froh irgendwann auch endlich anzukommen.
LG Alex
Bei starkem Regen weichen wir auf entsprechend leichte und unkritische Routen aus, um die Unfallgefahr zu minimieren. Bei einer längeren Hüttenwanderung geht das natürlich nicht so einfach, aber oft hat man ja mehrere Alternativen weiterzugehen und kann dann die ungefährlichste raussuchen. Ansonsten finde ich Regentouren mit der entsprechenden Ausrüstung auch mal ganz spannend. Man ist i.d.R. alleine unterwegs und freut sich ganz besonders darauf, es sich nach der Tour in der Hütte oder zu Hause gemütlich zu machen.
Hallo Biene,
da hast Du Recht. Ab und zu genieße ich es auch im Regen zu wandern und die leeren Wege zu genießen. Der Kaiserschmarrn und ein warmer Kaffee schmecken dann auf der Hütte besonders gut!
LG Alex