“Ach, keinen Stress. Ich kann Ihnen das Zimmer auch erst später zeigen. Sie sind sowieso heute Abend die einzigen Gäste hier…”.
Lautet die entspannte Begrüßung der Hüttenwirtin der Brunnihütte (S.A.C.) Mitte Dezember. Die einzigen Gäste? Eigentlich kaum vorstellbar, ist sie doch gerade mit dem Abkassieren zahlreichen Besucher beschäftigt. Ununterbrochen tragen sie ihre Nussgipfel, Radler, Tagessuppen oder Älplermagronen von der Stube auf die aussichtsreiche Sonnenterrasse. Das Hüttenteam schwingt in der Küche Töpfe, Pfannen, Krüge und Gläser, um dem Hunger und Durst der zahlreichen Gäste gerecht zu werden.
Einige von denen schleppen schwere Gleitschirm-Rucksäcke auf den Schultern. Andere nur ihre Wanderstöcke oder den Nachwuchs auf dem Arm. Mindestens 50 Leute entspannen in Sonnenliegen oder sitzen auf Bierbank Garnituren auf der Terrasse und genießen gegen 15:30 Uhr die letzten Sonnenstrahlen hier oben auf 1850 Metern. Dem Gepäck manches Wanderers nach zu urteilen, könnten diese aber auch auf einer mehrtägigen Hüttenwanderung unterwegs sein. Nach Aussage der Hüttenwirtin scheint dem aber nicht so zu sein.
Dieser Artikel ist das 17.te Türchen des Outdoorblogger Adventskalender 2016. An jedem Tag öffnet ein anderer Blogger ein Türchen. Einen guten Überblick über alle Artikel gibt es bei Sven von aufundab.de. Es sind viele schöne Berichte dabei. Gestern schrieb Rene von Outdoor-Spirit über den Oodnadatta Track in Australien und morgen geht es bei Mein-Wanderhund mit einer romatischen Adventswanderung weiter. Über #outdooradvent findest Du bei Twitter alle Tweets zu der Adventsaktion.
Allein auf der Berghütte im Winter
Alleine auf einer Hütte übernachten. Das habe ich auch noch nicht erlebt. Eigentlich wünsche ich mir für die Hüttennächte immer nur schnarchfreie Matrazennachbarn. Aber ein komplettes Lager nur für uns? Das grenzt ja schon an Doppelzimmer-Luxus. Oder in diesem Fall: Sechsmatrazenzimmer-Luxus.
Ich wollte schon immer auf Hüttentour im Winter gehen. Klischeehafte Bilder von lachenden Menschen, die vergnügt mit ihren Schneeschuhen durch den meterhohen Tiefschnee bei strahlend blauen Himmel hüpfen, schwirrten mir im Kopf umher. Daher hatte ich auch vor einigen Wochen eine kleine Tour geplant. Von der Bannalp sollte es am ersten Tag mit Schneeschuhen über das Rotgrätli zur Rugghubbelhütte und am zweiten Tag zur Brunnihütte gehen.
3 Wochen ohne Niederschlag und mit reichlich Sonne haben diesen Plan jedoch vorzeitig in die Knie gezwungen. Also wurde die kleine Hüttentour noch stärker gestutzt und auf den Zu- und Abstieg zur Brunnihütte mit Übernachtung reduziert. Hüttenfeeling auf einer Berghütte im Winter kann man auch so erleben. Ich wollte außerdem ein paar nette Sonnenunter- und aufgangsfotos schießen. Diese bleiben einem im Tal an den sehr kurzen Wintertagen leider verwehrt.
Früher Sonnenuntergang
Schon um 15:49 Uhr versinken auf der Terrasse der Brunnihütte die letzten Sonnenstrahlen hinter den Berggipfeln. An Sonnenuntergangsstimmung erinnert zu diesem Zeitpunkt jedoch nur sehr wenig. Also beziehen wir erst einmal unser Zimmer. Es ist wirklich eine Freude jeden Kleiderhaken im Matrazenlager verwenden zu können. So weitläufig habe ich meine Sache dort noch nie ausgebreitet.
Es wird wohl eine ruhige Nacht werden. Keine Jugendgruppe, die lautstark im Massenlager verkündet, dass Duschen doch vollkommen überbewertet sei. Kein Jugendgruppen Leiter, der die Hornhaut seiner Fersen 5 cm von meinem Kopfkissen entfernt, mit einer Feile abschabt. Keine betrunkene Männertruppe, die nach 5 Litern Rotwein 45 Minuten im Lager das Licht brennen lässt, um dann Lieder johlend einzuschlafen.
Es hat durchaus seine Vorteile, die einzigen beiden Gäste auf einer Berghütte zu sein.
Ungewohnt viel Zeit
Nachdem wir unsere Sachen ausgebreitet haben, verschlägt es uns für einige Zeit zum Karten spielen auf die Terrasse. Es ist nun merklich kühler geworden. Als uns der Liftwart fragt, ob wir die letzte Fahrt in Tal nehmen wollen, merken wir verneinend, dass wir die letzten Personen auf der Terrasse sind. Auch der Großteil des Hüttenpersonals verabschiedet sich ins Tal. Da nun auch das Abendrot im vollem Gang ist, schnappe ich mir meine Kamera* und knipse eine halbe Stunde wie wild drauf los.
Jetzt geht die Sonne auch am Horizont unter und erzeugt ein wunderbares, orange-rotes Farbenspiel hinter den Bergen. Alleine für diesen Moment hat sich der 800 Höhenmeter lange Aufstieg gelohnt! 35% Kameraakkuladung weniger sitzen wir gegen kurz nach 17:00 Uhr in der Gaststube der Brunnihütte. Draußen ist es stockdunkel. Es ist das erste Mal, dass ich auf einer Berghütte nicht so recht weiß, was ich nun mit meiner Zeit anfangen soll. Karten haben wir genug gespielt, alle Hüttenbroschüren durchgeblättert und nach Lesen ist mir auch gerade nicht. Gefühlt ist es schon 9 Uhr Abends.
Endlich Abendessen
Nur die Hälfte der Beleuchtung brennt und ein wenig Müdigkeit macht sich breit. Genau zur rechten Zeit kommt die Hüttenwirtin in die Stube und nimmt unsere Wünsche für das Abendessen auf. Es wird Rösti mit Käse und Spiegelei, und als Vorspeise Möhrensuppe und Salat geben. Die Hüttenwirtin sitzt 3 Tischen entfernt von uns. Vor ihr türmt sich ein Berg aus Kartoffel auf. “Morgen gibt es wieder Rösti” erzählt sie fleißig schälend. Sie scheint eine Menge Besucher am nächsten Tag zu erwarten.
Es ist ein wenig bizarr, dass sie nur für uns ihre Arbeit unterbricht und das Abendessen zubereitet. Außer uns, sitzt mit der Hüttenkatze nur noch ein weiteres hungriges Maul in der warmen Stube. Sie folgt uns schon den ganzen Nachmittag. Wahrscheinlich in der Hoffnung, dass die unbekannten Fremden mehr Krümel hinterlassen, als die Wirtin.
Stille in der Stube
Als wir auf unser Essen warten, ist es ungewöhnlich still. Ich kenne Hüttenstuben immer als lebhafte, mitunter laute Räume, in denen viel gelacht, getrunken und erzählt wird. In schneearmen Wintern unter der Woche scheint das anders zu sein. Die alten Holztische und Bänke stehen einsam im Raum. Auf ihnen stehen einige Rosensträuße von der kleinen Geburtstagsfeier heute Mittag.
Die einsam brennende Kerze auf unserem Tisch flackert ruhig hin und her. Wäre die Stube schon weihnachtlich geschmückt, käme sicherlich besinnliche Stimmung auf. So ist es einfach gemütlich. Alte Bilder hängen an den Holz vertäfelten Wänden und erzählen von der Erbauung der Hütte. Das warme Kaminfeuer prasselt diesen Abend nur für 3 Leute und die Katze.
Nach dem leckeren Abendessen ziehe ich mir die warme Daunenjacke über und trete aus der Hütte in die kalte klare Nacht. Ohne Lichtverschmutzung kann man die Sterne fast ungestört beobachten. Das schwache Licht des Mondes erhellt die Schneefelder der Berge, welche überraschend gut zu erkennen sind. Und auch hier draußen: Totenstille. Es weht kein Wind. Nicht mal ein laues Lüftchen oder Rascheln ist zu hören. Die Kälte des Winters scheint Flora und Fauna eingefroren zu haben. Auch ohne Schnee. Ein paar Minuten stehe ich an der Brüstung der Terrasse und genieße die absolute Ruhe und die vom Mond erhellte Aussicht. Auf der Titlisseite beobachte ich die winzigen Lichtkegel der Pistenraupen, die den künstlichen Schnee der Schneekanonen in dieser Zeit nur verteilen können. Echte Flocken sind seit 3 Wochen nicht mehr gefallen.
Bald wird es mir aber zu kalt und ich verabschiede mich mit meiner Freundin ins Schlaflager. Da haben wir gerade 10 nach 9.
Morgenstund hat…
Der Wecker klingelt aber schon um 6:30 Uhr, da wir den Sonnenaufgang gerne sehen möchten. Ziemlich müde ziehen wir dicke Handschuhe, Jacke und Wanderschuhe an und taumeln noch etwas benommen aus der Hütte ins Morgengrauen. Im Schein unserer Stirnlampen wandern wir 10 Minuten über eine schmalen und vereisten Pfad zu der Stelle, die uns die Wirtin am Abend empfohlen hat. Ohne Kamerastativ suche ich einige Zeit den optimalen Felsen als Unterstützung für eine Langzeitbelichtung. Jede Minute wird es etwas heller und langsam beginnen sich die Wolkenfetzen hinter den Bergen rosa zu verfärben.
Einsam stehen wir bei -3°C auf dem Wanderweg und beobachten das fantastische Erwachen der Bergwelt. Gegen 7:30 Uhr endet die Stille und die ersten Vögel fangen an zu singen. Fast könnte man meinen, es wäre Frühling. Orangerote Schleier hinter den Bergen erzeugen ein eindrucksvolles Farbenspiel. Das frühe Aufstehen hat sich wirklich gelohnt! Nach einer Stunde machen wir uns wieder auf den Rückweg und freuen uns schon auf das Frühstück.
Als wir gegen halb 9 unsere Käsebrote schmieren, kommen schon die ersten Angestellten zur Türe rein und grüßen uns freundlich. Sie wirken etwas überrascht zu dieser Zeit überhaupt Gäste hier zu sehen. So langsam verschwindet die Ruhe und der Tagesbetrieb kehrt wieder ein. Es wird geräumt, gekocht, erwärmt, gequatscht und gegessen. Als die ersten Gäste auf der Hütte ankommen, haben wir schon wieder unsere Wanderschuhe geschnürt und treten den Abstieg an.
Warst Du schon einmal der einzige Gast auf einer Berghütte?
Oder auf einer Berghütte im Winter?
Ich war noch nie der einzige Gast auf einer Hütte, aber mal teil der einzigen Gruppe. Es ist schon gemütlich und auch ein wenig aufregend. Besonders, wenn draußen ein Schneesturm tobt.
Hi Dennis,
Das hört sich auch klasse an.
Hütten sind ja sowieso ein Inbegriff der Gemütlichkeit, aber besonders wenns draußen stürmt und schneit.
Viele Grüße,
Alex
Hallo Alex,
wunderschöne Bilder – das Knipsen in der Kälte hat sich gelohnt!
Wir waren im Herbst mal die einzigen Gäste auf der Rugghubelhütte. Es ist toll, wenn man sich im Lager nach Herzenslust ausbreiten kann. Aber man kommt sich schon ein bisschen seltsam vor, alleine im Gastraum und ohne Gedrängel in den Waschräumen.
Viele Grüsse
Biene
Hi Biene,
Danke Dir!
Auf der Rugghubelhütte wär ich auch gerne mal der einzige Gast ;) Jetzt im Winter scheint aber leider nur der Winterraum offen zu sein.
Viele Grüße,
Alex
Hi Alex,
laut Webseite hat die Rugghubelhütte im Winter an ein paar vereinzelten Wochenenden geöffnet. Man kommt im Winter halt nur von hinten über die Bannalp hin. Wahrscheinlich kommen nicht genug Gäste, um sie winters zu bewirten.
Dass wir im Herbst die einzigen waren, hat uns ziemlich überrascht. In Engelberg unten war halt alles neblig und es sah nach einem schlechten Tag aus. Als wir aufgebrochen sind, haben wir uns auch gefragt, ob sich die Unternehmung lohnt. Die Hütte war, wie sich dann herausgestellt hat, genau über den Wolken und es war einfach herrlich! Wir haben dann noch einen phantastischen Abendspaziergang Richtung Engelberger Rotstock gemacht. Es war auf jeden Fall eine ganz besondere Hüttenübernachtung! Auch mit anderen Gästen kann ich die Rugghubelhütte nur empfehlen – vor allem die Rösti schmecken super!
Viele Grüße
Biene
Hi Biene,
danke für den Hinweis! Vielleicht klappt es diesen Winter dann ja doch mal. Von der Bannalp wollte ich schon immmer zur Rugghubelhütte aufsteigen.
Viele Grüße,
Alex
Hallo Alex.
Ich denke, Ihr werdet bei der geplanten Alpen-Überquerung auch im “Sommer” das eine oder andere Mal eine Hütte ganz für Euch alleine haben.
Mir ging es exemplarisch in einem Sommer bei folgenden Hütten so, wo ich einsam und alleine der einzige Gast war:
Koschutahaus (Mitte Juni)
Conny-Alm (Mitte Juni)
Landshuter-Europa-Hütte (Anfang Juli)
Tiroler Tribulaunhütte (Anfang Juli)
Bockerhütte (Mitte Juli)
Schiazzera-Hütte (Mitte Juli)
Im Winter war ich mal auf der Coburger Hütte – allerdings alles andere als alleine ;-)
Schöne Grüße
K2.
Hi K2,
die einsame Hütte ziehe ich einem vollen Massenlager definitiv vor :)
Es wäre schön, das auch im nächsten Sommer einmal zu erleben.
LG Alex
Grüß dich Alex!
Erst einmal wieder ein schöner Artikel, verfolge deinen Blog nun schon seit einiger Zeit, da sehr inspirierend ;)
Mich würde interessieren, ob du ein paar Tipps hast um Hütten zu finden, die auch im Winter bewirtet werden.
Habe bisher nur eine Hüttentour in der Hohen Tatra gemacht, und das war im Sommer – da war es recht einfach die Unterkünfte herauszusuchen und eine entsprechende Tour zu planen.
Jetzt soll es auf die französische Seite des Mont Blanc gehen, d.h. Chamonix und Umgebung, kennst du dich da zufällig auch aus?
Viele Grüße, Tobias
Hi Tobias,
das freut mich zu hören!
Im Mont Blanc Gebiet war ich noch nicht unterwegs. Denke aber, dass es dort im Winter bei viel Schnee sehr wenige Hütten gibt die geöffnet haben bzw. bewirtschaftet sind. Eine lange und ausgiebige Skitour in der Gegend findest Du hier, fast Du so etwas suchst.
Ansonsten gibt es hier eine Liste mit Hütten die in Deutschland ganzjährig bewirtschaftet sind. Hütten mit offenen Winterräumen findet man aber sicherlich leichter. Da würde ich auch einfach bei Outdooractive mal nach den Hütten im betreffenden Gebiet suchen.
LG Alex
Letzten Sommer waren ein Freund und ich ziemlich alleine auf einer großen Berghütte. Wir hatten zu zweit ein ganzes 8 Bettzimmer für uns allein. Da ich aber gerne die Milchstraße fotografiere hatte ich nicht viel zu zeit zu schlafen. Es war aber aufjedenfall ein tolles Erlebnis abseits des Massentourismus :)