Keyword: Trekking
Diese Aussicht ist jeden Schweißtropfen wert – 1200 Höhenmeter hinauf zum Lutersee
In Engelberg wandern – Hinauf zum Lutersee
Zeit für blauen Himmel! Die Wetterbilanz meiner Wanderungen der letzten beiden Jahre fällt nämlich nicht wirklich sonnig aus. Besonders wenn für mehr als einen Tag in die Natur und auf die Berge ging. Die Anzahl der Regenjacken Tests auf diesem Blog ist nicht ohne Grund so hoch…
- München – Venedig: 34 Wandertage. An 25 gab es Regen.
- Stubaier Höhenweg: 9 Wandertage. An 6 gab es Nebel und Regen.
- Querweg Freiburg – Bodensee: 9 Wandertage. An 7 gab es Regen und Gewitter.
Der Wetterfluch muss also dringend mal gebrochen werden. Ich habe schon fast vergessen, wie die Berge bei blauem Himmel und dem selten strahlenden gelben Kreis aussehen. Ein paar Mal im Kreis getanzt, eine Handvoll Salz über die Schulter geworfen und drei Münzen im Brunnen versenkt und siehe da: 7 Tage feinster Sonnenschein für unsere Wanderungen in den Schweizer Alpen steht in der Wettervorhersage!
Geht doch!
So klettert die Vorfreude auf das Wandern in Engelberg noch deutlich höher hinaus. Aber wohin soll uns die erste Tageswanderung führen? Über einen Klettersteig am Brunni? Auf den Gipfel des Hahnen? Oder doch die Gratüberschreitung des Rotgrätli zur Bannalp hinüber?
Die Qual der Wahl der Tageswanderer. Die Hüttentour für 10 Tage plant sich da deutlich einfacher: Rother Wanderführer besorgen, zum Startpunkt fahren, Wetter checken und dann einen Fuß vor den anderen setzen!
Von Engelberg wandern wir zum Lutersee
Aber so entscheiden wir uns nach langem Ringen für die Tour zum kleinen Lutersee auf 1700 Metern Höhe. Einmalige Aussichten auf die das Tal einfassenden Berge werden versprochen. Klingt gut! Aber bevor es hoch hinaus geht, fahren wir zuerst einmal hinab. Am Bahnhof in Engelberg steigen wir bei Kaiserwetter in den Panoramawagen der SBB und freuen uns auf die aussichtsreiche Fahrt. Denkste! Wir rollen erst einmal….in den Tunnel…
15 dunkle Minuten später kommen wir 500 Meter tiefer am Bahnhof in Grafenort an. Als sich die Zugtüren öffnen strömt uns die schattig kalte Talluft entgegen. Optimistisch wie ich bin, habe ich mir am Morgen mein neue, ultraleichte kurze Wanderhose* übergestreift. In Erwartung sommerlicher Temperaturen am Berg. Aber jetzt nochmal den Rucksack absetzen und die Skiunterwäsche anziehen? Da frier ich lieber!
Auf dieser Tour benutzt
Die ersten Meter führt der Weg parallel zu einem kleinen Fluß. Die säumenden Nadel- und Laubbäume, und die entfernten Berge verleihen der Szene den Charme der Kanadischen Einsamkeit. 10 Minuten lang hören wir nur das bekannte Rascheln der kleine Schottersteine unter den Füßen. Bald jedoch verwandelt sich der breite Weg in einen schmalen, zugewucherten Pfad der in einem Laubwald verschwindet. Er führt uns die ersten Höhenmeter des Tages bergauf. 1200 weitere werden noch folgen.
Der Zustand des Wanderweges beschreibt die Häufigkeit seiner Begehung treffend. Umgestürzte Bäume versperren teilweise den Weg und Brennesseln und andere Gewächse steicheln uns den Vormittag die Beine. Diese Einsam- und Ursprünglichkeit genieße ich sehr. Okay…die Brennesseln hätten auch gerne einen Meter weiter hinten wachsen können. Aber nur in seinen Gedanken und der meditativen Erfahrung des monotonen Wanderns vertieft zu sein ist für mich die wahre Erholung!
Die folgende Lichtung läd zum ersten Schluck Wasser ein und lässt den dichten Wald hinter uns. An einem Heuschober bleiben wir kurz stehen und heben den Blick von den Wanderschuhen auf die umgebende Bergwelt. Sie erstrahlt in der Morgensonne und präsentiert sich in bilderbuchhafter Gestalt. Bob Ross hätte sofort die Staffelei aufschlagen und happy-trees gepinselt!
Über weite Almwiesen schlängelt sich der Pfad sehr steil und kaum erkennbar den Berg hinauf. Seit einer halben Stunden wandern wir in der prallen Sonne und die anfängliche Kälte ist längst vergessen. Ich sehe aus wie frisch dem Bergsee entstiegen. Fühle mich aber wie in der 60°C heißen Kräuter-Sauna. Die Mischung aus Schweiß und Sonnencreme in den Augen dämpft die grandiose Aussicht auf den 3200m hohen Titlis etwas. Aber wirklich nur etwas.
Schmal und Steil geht es bergauf
Schmale und teils ausgesetzte Pfade folgen den steilen Anstiegen über rutschige Wiesen und wurzlige Erdstufen. Der Wanderweg ist mehr als abwechslungsreich und macht eine Menge Spaß. Die knackigen Anstiege bei praller Sonne sind nicht von schlechten Eltern. Aber gut so! Denn die meisten anderen Wanderer weichen daher auf die Bergbahn aus und überlassen uns allein die tolle Natur.
800 Höhenmeter später kommen wir an der Bergstation der kleinen Bauern-Bergbahn an. Buiräbähnli auf Schwizerdütsch. Zeit für einen Pause! Die nassen Klamotten trockenen in der Sonne rasend schnell und wir genießen die Aussicht auf Titlis, Spannörter und Co.
Die letzten 60 Minuten und 400 Höhenmeter führen über geschotterte Wege, vorbei an kleinen Almhütten und Wiesen. Es ist mittlerweise so heiß, dass selbst die Kühe in ein schattiges Plätzchen zum wiederkäuen geflüchtet sind. Ganz ungewohnt den ganzen Tag über Sonne beim Wandern in den Alpen zu haben. Beim Wandern auf Mallorca war dieses Wetter schon eher zu erwarten.
Kurz vor dem Lutersee windet sich der Pfad in engen Kurven durch ein Findlingsfeld entlang der Flanke des Widderfeldstock. Auch hier fühle ich mich spontan in die kanadische Wildnis versetzt. Wenig später erreichen wir die Huethütte und staunen beim Anblick des Lutersees. Denn mehr als eine große, trübe Pfütze scheint er auf den ersten Blick nicht zu sein. Dafür lief mir 3 Stunden lang Sonnencreme in die Augen?
Hundert Meter weiter stehen wir dann aber am wirklichen Lutersee. Mit seinem türkisblauen Wasser sieht er um Längen besser aus, als die traurige Wasserlache vor der Huethütte. Das eigentliche Highlight dieser Wanderung ist aber nicht der Lutersee. Dafür muss man noch 10 Minuten länger einen Fuß vor den anderen setzen. Wenn Du dann erfolgreich die zahlreichen Kuhfladen umrundet hast, bietet sich dir eine spektakuläre Aussicht.
Hinter einer Kuppe öffnet sich die Landschaft und das gesamte Tal und Dorf liegt Dir wortwörtlich zu Füßen! Die Weite der Landschaft scheint unendlich zu sein. Der (leider nur noch kleine) Gletscher und die restlichen Schneereste auf der Kuppe des Titlis glitzern im Sonnenschein. Bei diesem Anblick müssen doch auch die überzeugtesten Flachländern ins schwärmen kommen. Idyllischer kann die Bergwelt kaum noch werden. Aber Worte helfen bei der Beschreibung diese Landschaft nicht mehr weiter:
Verdiente Aussicht
Und so sitzen wir einige Zeit auf diese Kuppe und genießen die einmalige Aussicht. Eine Aussicht die man nicht mit einer Bergbahn oder dem Auto erreichen kann. Man kann sie nur selbst erwandern. Aber gerade dadurch wird sie erst so besonders. Alle 56.804 Schweißtropfen sind nun vergessen. 200 Höhemeter weiter unten machen wir es uns auf einer Bank des Zingel Restaurants gemütlich und verputzen genüsslich die schmackhafte Käseplatte. Erneut mit Aussicht.
Der Abstieg bleibt durchweg aussichtsreich. Er führt später durch dichten Wald, über schmale Wurzelpfade und über und unter kleinen Wasserfällen hindurch. Schlussendlich können sich meine Beine die letzte halbe Stunde beim überqueren von einigen Almwiesen wieder erholen.
Diese Tageswanderung war in diesem Sommer ein wahres Highlight für mich! Die Anzahl der Wolken am Himmel und der anderen Wanderer am Weg hielten sich perfekt in der Waage. Null und Null. Und damit wenigstens die eine Seite der Waage nicht plötzlich nach unten ausschlägt, kann ich Dir diese Wanderung auf keinen Fall emfehlen! :)
Na gut…Kann ich doch!
Alle Infos zur Lutersee-Wanderung
Anreise
Von Engelberg bietet sich die Anfahrt nach Grafenort mit dem LSE-Zug an. Die Zugfahrt durch den neugebauten Tunnel bis zur Haltestelle Grafenort dauert circa 15 Minuten und kostet 3,60 CHR. Umgerechnet 3,30 €. Wenn Du Dir die schweißtreibenden ersten 800 Höhenmeter Aufstieg sparen möchtest, kannst Du auch auf die zwei Buirabähnli ausweichen:
Route
Ich habe die Route einmal auf Outdooractive für dich zusammengestellt. Insgesamt sind mit allen An- und Abstiegen —- Höhenmeter bergauf und — Höhenmeter bergab zu bewältigen. Besondere Schwierigkeiten gibt es nicht und es geht auf leichten bis mittelschweren Bergwegen hinauf und auch wieder ins Tal. Beim Abstieg vom Lutersee zum Zingel Restaurant sind einige steilere Passagen mit Drahtseilen gesichert. Ansonsten sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit für diese Tageswanderung zu empfehlen.
Ohne Pausen kannst Du je nach Fitness circa 5 – 7 Stunden reine Wanderzeit für die Tour einplanen. Mit ausgiebigen Pausen haben wir circa 7 Stunden am Berg verbracht.
Eine Karte der Route inklusive GPS Track findest Du hier:
In Engelberg wandern – Noch was für die Augen